Die Landwirte der Zukunft: Kärntens Jungbauern im Porträt

Innovativ, modern, bodenständig. So vielseitig ist Kärntens junge Landwirtschaft.

10 Min.

Carmen und Andreas Petutschnig aus Globasnitz © Manuela Wilpernig

Jungbauern setzen auf Innovation und Durchhaltevermögen. Einige gründen neu, andere übernehmen, und alle tragen dazu bei, dass wir in Zukunft auf regionale Produkte zählen können. Der MONAT hat einige von ihnen besucht.

Es scheint nicht der sicherste Job der Welt – in Gegenwart der Klimakrise und ihrer Herausforderungen sowie wirtschaftlicher Ausnahmesituationen und teils unvorhersehbarer Marktentwicklungen ist die Landwirtschaft multiplen Bedrohungen ausgesetzt, möchte man meinen. Die nächste Generation schreckt das aber kaum ab – im Gegenteil. Junge Landwirte setzen mehr denn je auf innovative Ansätze, zukunftsweisenden Anbau und nachhaltige Produktion. Dabei wird Direktvermarktung immer wichtiger – für die eigene wirtschaftliche Existenz, aber auch für die Gesellschaft. „Sehr viele unterschätzen die Aufgaben eines Direktvermarkters“, erzählt uns Carmen Petutschnig aus Globasnitz. „Die Menge an Wissen, das du brauchst, reicht gleich für mehrere Berufe. Man ist nicht einfach nur Bauer, man muss sich in der Tierpflege auskennen, in der Produktverarbeitung, mit den Maschinen und mit Stallbau. Dazu kommen Pflanzenschutz, Waldarbeit, Ackerbau, Buchhaltung, Vermarktung – es hat kein Ende. Das sieht man von außen nicht“, so die 28-jährige gebürtige Eberndorferin.

Die Geschichte ihres Hofes gibt es wohl kein zweites Mal. Als sie 2019 ihren heutigen Mann Andreas bei der Jagd kennenlernt, hat keiner von beiden tiefergehende Erfahrung in der Landwirtschaft. Als sich dann aber die Möglichkeit ergibt, einen stillgelegten Hof zu übernehmen, geht alles Schlag auf Schlag. „Andreas hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, Bäuerin zu sein. Innerhalb eines Jahres hatten wir dann einen Kredit aufgenommen, unsere Jobs gekündigt und haben losgelegt“, so die gelernte Großhandelskauffrau. „Ich hatte schon ein paar Ziegen, das haben wir als Ausgangspunkt genommen“, fügt Andreas hinzu, der als Schlosser und Maschinenbautechniker ausgebildet ist. „Dann kam Corona und wir haben die Zeit genutzt, uns intensiv weiterzubilden und den Hof zu renovieren.“ Heute haben die beiden rund 200 Ziegen und produzieren das ganze Jahr über Milchprodukte, die direktvermarktet werden – über Hofläden, regionale Nahversorger und ab Hof. Die Bio-Schweinemast mit rund 50 Tieren wird stetig modernisiert, der neue Schweinestall entstand kürzlich mit Holz aus dem eigenen Wald. „Wir wussten nicht, wohin mit den Sturmschäden und haben uns entschieden, das Holz im neuen Stall zu verbauen“, so die engagierten Jungbauern.

Neuzugang: Der Schweinestall mit Holz aus dem eigenen Wald. © beigestellt

Im Anbau dominieren Getreide zur Verwendung als Futter sowie Pflanzen zur Herstellung hochwertiger Sonnenblumen-, Kürbiskern-, Raps- und Leinöle. „Ausgelagert wird nur das Pressen der Öle, alle anderen Arbeiten machen wir selbst.“ Eigens angebaut und vermarktet werden außerdem Kräuterseitlinge, Austern- und Shiitakepilze. Der „Windisch Hof“ wurde außerdem 2022 zu Kärntens Bio Bauern des Jahres gewählt und 2024 mit sechsmal Gold bei der Kärntner Käse-/Joghurt- und Butterverkostung ausgezeichnet.

Fußstapfen & Weitsicht.

Den Stolz der Eltern kann man nur ahnen, wenn Kinder sich entschließen, eines Tages den Eltern nachzufolgen und den Hof zu übernehmen – wie etwa im Fall der Familie Kerschbaumer aus Rangersdorf in Spittal an der Drau. Mit erst 24 Jahren lenkt David Kerschbaumer den „Mar Bauer“ Betrieb in zukunftsweisende Bahnen. Die Milchwirtschaft setzt auf Kooperationen mit Kärntner Schulen, versorgt Schüler mit wertvollen und leckeren Milchprodukten und setzt auch auf den Bildungsaspekt. „Wir veranstalten Betriebsbesuche, wo Schüler lernen, wo die Schulmilch herkommt“, so David, dem das Erklären und die Arbeit mit den jungen Interessierten liegt und Freude macht. „Ich merke, dass hier schon in jungen Jahren viel Wertschätzung weitergegeben wird, und es freut mich immer enorm zu sehen, wie viel Interesse da ist.“ Vor vier Jahren hat der ausgebildete Mechatronik-Facharbeiter den Hof von seinem Vater gepachtet. Rund 6000 kg Milch werden im Monat produziert, davon gehen 50 % an Kärntner Milch und 50 % werden für die Direktvermarktung verarbeitet. „Ein stabiles Einkommen im Vollerwerb ist nur so möglich“, erklärt David, der durch Direktvermarktung besser planen kann und auf hochwertige Heumilch setzt. „Man kann nie voraussagen, wie sich der Markt entwickelt. Aktuell ist zum Beispiel der Preisunterschied zwischen konventioneller Milch und Bio sehr gering. Außerdem steigen die Betriebskosten – aber nicht die Milchpreise.“ Und das, obwohl die Qualität von Produkten aus regionaler Landwirtschaft unschlagbar ist. „Mit all den Auflagen, denen wir Bauern entsprechen müssen, können wir für die Qualität der Produkte die Hand ins Feuer legen.“ Der Umweltschutz ist ein zentraler Faktor für David. Die Gläser für die Produkte sind Mehrweggebinde, die Energie für Hof und Produktion stammt aus der Photovoltaikanlage am Stallgebäude. Der Jungbauer blickt positiv in die Zukunft. „Die Gesellschaft muss und wird nachhaltiger leben.“ Schlüssel sei die möglichst nahe Versorgung mit regionalen Lebensmitteln. „Wir müssen mit den Sachen wirtschaften, die da sind.“ Die Milch-, Joghurt- und Topfenvarianten des „Mar Bauer“ wurden schon mehrmals für ihre Qualität ausgezeichnet. Aktuell werden Partner in Hotellerie und Gastronomie gesucht.

© Storymanufaktur

Von der Matura auf den Hof.

Einzigartig ist die Geschichte der Landwirtschaft des Klosters Wernberg. Mit einem zu hohen Altersdurchschnitt der Nonnen und einer Reihe an weiteren Aufgaben war der Betrieb der Ländereien und des klostereigenen Bauernhofes irgendwann nicht mehr schaffbar. 2012 schrieb man den Betrieb schließlich zur Pacht aus – und landete einen Glücksgriff. Sebastian Perwein, frisch von der Schule und ambitionierter Jungbauer, sah sich nach einer Wirtschaft um, nachdem am elterlichen Hof in Salzburg der Bruder übernommen hatte, und wurde in Wernberg fündig. Gemeinsam mit der Großmutter siedelte er sich in Kärnten an, und es dauerte nicht lange, bis sich auch Freundin und heute Ehefrau Martina am Hof niederließ. „Auch bei mir zu Hause hat der Bruder übernommen, und ich wurde Volksschullehrerin. Ich wollte aber eigentlich immer Bäuerin werden“, so die gebürtige Tirolerin. Im Fokus des Betriebs steht die Milchwirtschaft mit rund 40 Milchkühen. Verschiedene Milchprodukte werden im Klosterladen sowie in regionalen Nahversorgern und einigen Spar-Filialen vertrieben. Fleischproduktion aus einer kleinen Schweinezucht passiert als Nebenprodukt und Teil der Kreislaufwirtschaft – der Überschuss an Molke aus der Produktion dient ihnen als Nahrungsquelle. Die Großmutter des Pächters, mittlerweile fünffache Urgroßmutter, ist selbst noch aktiv am Hof im Einsatz und hat den Überblick über 1000 Legehennen. „Wir versuchen, so breit wie möglich aufgestellt zu sein“, so Martina im MONAT-Interview, die selbst Erfahrung vom elterlichen Milchbetrieb mitbringt und in der Produktion auf zwei Mitarbeiterinnen setzt. Insgesamt 60 Hektar Acker- und Grünfläche werden bewirtschaftet. Das angebaute Getreide wird unter anderem als Mehl in Martinas Backstube im Kloster verarbeitet. Die Ackerflächen werden möglichst schonend bewirtschaftet, etwa durch wechselnde Sorten und Vierfelderwirtschaft. Auch bei den Kühen steht das Wohlergehen im Vordergrund. „Wir schauen, dass die Tiere gesund sind, und treiben sie nicht bis ins Äußerste. Das schlägt sich in der Qualität nieder“, so Martina.

Bewirtschaften die Ländereien des Kloster Wernberg: Familie Perwein © beigestellt

Bio-Blumen für Hochzeiten & Co.

Katharina Nußbaumer verfolgt eine völlig andere Art der Direktvermarktung und ein Business, das mit seiner Philosophie Interessierte und Profis im gesamten deutschsprachigen Raum vernetzt. Nach der Übernahme des Betriebs von den Schwiegereltern stellte sie den Ackerbaubetrieb zunächst auf biologische Landwirtschaft um. Heute sind es vor allem Mais, Soja und Getreide, um die sich ihr Ehemann Christoph Nußbaumer kümmert. Die 30-Jährige selbst hat sich auf den biologischen Anbau von Schnittblumen spezialisiert. Ganze 150 Sorten wachsen im Jahr auf 1000 Quadratmetern, die ganzjährig zu saisonalen Sträußen, Dekorationen und im Winter zu Trockenblumen verarbeitet werden. Kunden der ersten Stunde sind Floristen, besonders jene, die Hochzeiten und andere Feierlichkeiten ausstatten. Aber auch Privatkunden steht der Ab-Hof-Verkauf offen – sei es für besondere Anlässe als Strauß oder für direkte Dekorationsanfragen für Hochzeiten.

Im Mittelpunkt der Arbeit stehen der biologische Anbau sowie der Nachhaltigkeits- und Fairnessgedanke. Denn der Blumenmarkt ist international nicht zu unterschätzen. Der Einsatz von Pestiziden im Anbau und anderen chemischen Hilfsmitteln auch nach der Ernte sollte nicht übersehen werden. Dabei wird die Blumen-Branche bei Diskussionen rund um Umweltfragen häufig außer Acht gelassen. Horrende Arbeitsbedingungen auf den Feldern, Pestizideinsätze ohne adäquaten Schutz – ganz zu schweigen von den unendlichen Transportwegen, die viele Tulpen, Rosen und Co. weltweit zurücklegen – dagegen stellt sich die Slowflower-Bewegung, bei der auch Katharina mit ihrem Betrieb Mitglied ist. Die Bewegung hat sich zum Ziel gesetzt, den biologischen Schnittblumenanbau zu fördern und Bewusstsein für nachhaltigen Schnittblumenanbau zu schaffen.

Die Auswahl am „Nußbaumer Hof“ überzeugt Blumenfans mit einer wunderbaren saisonalen Vielfalt – von Ranunkeln über Pfingstrosen bis hin zu Dahlien. „Meine Kunden schätzen es, dass sie auch kleine Mengen erwerben können. Manchmal will man für eine Hochzeit oder einen Anlass nur einzelne Blumen, kleine Sträuße – auch das machen wir. Es gibt auch die Möglichkeit, sich die Blumen direkt am Feld auszusuchen“, so Katharina.

100 Jahre Qualität.

Ein wahrer Traditionsbetrieb mit Zukunft ist der Hof der Familie Mischkulnig in St. Egyden im Bezirk Villach Land. „Der Hof besteht schon seit mehreren Jahrhunderten, seit 1920 werden Kartoffeln für die Direktvermarktung angebaut. Das macht uns stolz!“, erzählen die Geschwister Anna und Gregor Mischkulnig, die mittlerweile Vollzeit im Betrieb tätig sind. Gregor wusste bereits während seiner Schulzeit an der LFS Pitzelstätten, dass er den Hof übernehmen möchte, und auch Anna erkannte während ihres Studiums ihre Leidenschaft für die Landwirtschaft. 2020 wurde die Produktpalette durch Karottensorten erweitert, im vergangenen Jahr wurden erstmals Süßkartoffeln angebaut. „Die Idee steht am Anfang, zeigt sich aber vielversprechend“, so Anna. Die Produkte werden an ausgewählte Handelspartner, Privatkunden sowie die Gastronomie verkauft. Letztere wird persönlich beliefert, Privatkunden erwerben die Kartoffeln ab Hof. Mit Blick auf die Zukunft wird vor allem die Sortenwahl immer wichtiger, so die beiden Junglandwirte. Bei der Sortenwahl wird immer wieder etwas Neues probiert, da die neuen Züchtungen an die gegebenen Klimaverhältnisse angepasst werden. „Dadurch, dass im Spätherbst die Temperaturen länger anhaltend warm blieben, wurde bei uns am Hof zur Lagerung der Ernte ein Kühllager errichtet. Somit können wir unseren Kunden das ganze Jahr über eine gleichbleibend gute Qualität garantieren.“ Die Qualität wird durch österreichweite Auszeichnungen, wie etwa den „Goldenen Erdapfel“, bestätigt.

Der Kartoffelanbau hat in der Familie Mischkulnig eine lange Tradition © beigestellt

Regionales Fleisch.

Die Bedeutung regionaler Produkte für die Gesellschaft wird immer wertvoller – insbesondere im Hinblick auf den Fleischkonsum. Während der Konsumtrend teils Abstand zum Fleisch nimmt, bleibt es essenziell für die nachhaltige Entwicklung, dass Fleischprodukte regional verfügbar sind. Dafür sorgt Christian Pausch. Der 24-Jährige ist im Betrieb seines Vaters in der Gemeinde Schiefling eingestiegen und setzt auf Schweine- und Rindermast, Ackerbau und Milchwirtschaft. Rund 75 Rinder mit Jungvieh und Kühen leben am Betrieb, rund 120 Schweine werden über das Jahr gemästet. Der Ackerbau wird vorrangig für die eigene Mast betrieben, daneben wird Holz vermarktet. Die Fleischproduktion findet im hofeigenen Schlachthaus statt. „Die stressfreie Schlachtung ist ein großer Vorteil“, so Christian, dessen Hof professionell mit Kühl- und Arbeitsräumen ausgestattet ist. Eine Investition, die aber für Kleinbetriebe kaum machbar wäre. „Aktuell ist der Bau des Schweinestalls nach biologischen Richtlinien in Planung und der Stall für die Milchkühe wird ausgebaut. Dort funktioniert dann vieles automatisiert“, so Christian mit Blick auf die notwendige Modernisierung. Kurzum – Kärntens Jungbauern investieren in die Zukunft.

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