
Elisabeth Fuchs: Was Unternehmen von Orchestern lernen können
Die Chefdirigentin im Interview
Philharmonie Salzburg
Elisabeth Fuchs ist Gründerin, sowie künstlerische und kaufmännische Leiterin der Philharmonie Salzburg. Sie führt ein ganzes Team rund um PR und Marketing, Ticketing, Sponsoring, Finanzen, Produktion, Verkauf und Personal. Im Interview sprechen wir mit der gebürtigen Oberösterreicherin unter anderem darüber, wie Diversität neue Perspektiven öffnet und welche Schlüsselfunktionen Führungspersonen idealerweise haben sollten, um erfolgreich ein Unternehmen zu leiten.
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Elisabeth Fuchs, wie gelingt es Ihnen als Chefdirigentin, im Orchester eine gemeinsame Vision zu entwickeln, obwohl jede/r Musiker:in eine eigene Perspektive mitbringt? Welche Parallelen sehen Sie zu Unternehmensstrukturen?
Unsere Vision in Konzerten ist es, Menschen mit Musik zu berühren und magische, einzigartige Momente zu kreieren. Musik hat die Fähigkeit, von Seele auf Seele zu wirken und für einige Zeit den Alltag vergessen zu lassen. Im Durschnitt habe ich 50 bis 60 Musiker:innen im Orchester und hier ist es wichtig, diese hochbegabten Talente zu bündeln und es zu schaffen, in einer Einheit zu musizieren.
Welches Tempo brauchen wir? Welcher Klang und welche Dynamik sind für das Musikstück erforderlich? All das gilt es, in einem Team zu vereinen. Genauso sollte es auch in einem Unternehmen sein. Man zieht gemeinsam an einen Strang. Wichtig ist auch, dass man zuhört und miteinander kommuniziert. Letztendlich geht es um das gemeinsame Tun und um das Produkt, das man für den Menschen macht und zum Menschen bringt. Das Produkt soll schließlich dem Menschen dienen.

Im Orchester müssen kreative Freiheit und klare Struktur miteinander vereinbart werden. Wie schaffen Sie es, als Dirigentin diesen Balan- ceakt zu meistern?
Ich gelte grundsätzlich ja als chaotisch, wenn es um Büroarbeit geht (lacht). Im Orchester bin ich als Leiterin allerdings klar strukturiert. Hier gibt es einen konkreten Ablauf und eine Timeline. Auch die Pausen werden exakt eingehalten. Mit einem Orchester von 50 Menschen ist es erforderlich, dass sich jede/r an die Vorgaben hält, um ein Musikwerk perfekt proben zu können. Kreativität im Orchester wird möglich, wenn es eine Balance zwischen Geben und Nehmen gibt. Wir spielen nicht nur die Noten, sondern erarbeiten gemeinsam eine Musik, mit feinen abgeänderten Nuancen, um magische Momente zu erzeugen, die man fühlen kann. In Konzerten gibt es daher oft Gänsehautmomente, die auch ich immer wieder selber erlebe.
Konflikte und Dissonanzen sind unvermeidlich, sei es im Orchester oder in einem Team. Wie gehen Sie persönlich mit solchen Herausforderungen um, und welche Strategien empfehlen Sie Führungskräften, die mit Teamkonflikten konfrontiert sind?
Ich habe zwei Arten der Konfliktlösung. Das hängt oft von der Zeit und Art des Konflikts ab. Wenn ich merke, es ist eine Kleinigkeit und die ist morgen vergessen, dann ist es oft auch nicht notwendig, darüber zu sprechen und wir arbeiten weiter wie gehabt. Wenn es aber etwas ist, wo ich merke, das Problem könnte größer werden, wenn man es nicht sofort löst, dann nehme ich mir die Zeit und setze ein Meeting an mit den betroffenen Leuten.
Ein Orchester kann nicht zusammen musizieren, wenn es zerstritten ist. Die Harmonie ist bei uns daher sehr wichtig. Wenn beispielsweise eine Gruppe sagt, sie spielt nicht mit den anderen, dann kann man kein Konzert machen. Zudem ist es auch hörbar, wenn die Harmonie untereinander nicht stimmt. In einem Unternehmen ist Kommunikation genauso wichtig. Hier ist es notwendig, mit den einzelnen Personen zu sprechen und eine Lösung zu finden. Konflikte im Team sind ganz normal, denn wo gehobelt wird, fallen eben auch manchmal Späne.
Inwiefern sehen Sie Diversität in einem Orchester als Bereicherung, und wie kann diese Vielfalt auf den Unternehmenskontext übertragen werden?
In unserem Orchester leben wir Diversität. Wir haben etwa 20 unterschiedliche Nationen und eine Altersstruktur von 20 bis über 50 Jahren. So ähnlich hat man das auch in Unternehmen. Langfristig gesehen ist Diversität sicher ein wichtiger Faktor. Denn wenn man nur Leute um sich schart, die die gleichen Gedanken und Ideen haben, führt das nicht zum Erfolg. Hier kann sich nichts entwickeln, weil sich nichts durchmischt. Man kann so wunderbar von anderen Menschen lernen, toleranter werden und somit auch seinen eigenen Horizont erweitern.
Als Chefdirigentin und Leiterin eines großen Teams haben Sie Erfahrung in der Führung und Organisation sowohl kreativer als auch administrativer Bereiche. Welche Schlüsselqualifikationen halten Sie für eine erfolgreiche Führung für besonders wichtig?
Die wichtigsten Faktoren sind meines Erach- tens Respekt, Zuhören sowie ein gemeinsames Ziel und gleichzeitig einen Freiraum zu haben. Der altmodische Führungsstil „Ich bestimme, und ihr macht“ ist sicher nicht sehr zielführend. So dreht man sich als Führungsperson nur um sich selbst. Ein Orchester hat verschiedene Einheiten, wie Holzbläser, Hörner, Blechbläser, erste Geigen, zweite Geigen, und so weiter. Genauso wie ein Unternehmen verschiedene Abteilungen hat.
Und diese Abteilungen müssen in sich geschlossen sein, da- mit alle an einem Strang ziehen können. Als Führungsperson sollte man diese Bereiche bestmöglich koordinieren, damit man gemeinsam das Produkt an den/die Kund:in oder eben beim Orchester die Musik an den/die Zuhörer:in bringen kann. Diese harmonische Einheit im Team wird letztendlich auch von außen wahrgenommen.
MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS

Elisabeth Trauner ist Redakteurin bei Unser SALZBURG und mit Stift, Block und Herz immer zur Stelle, wenn Menschen spannende Geschichten zu erzählen haben. Sie hört Podcasts, braucht Krimis und True Crime-Dokus zum Einschlafen und probiert gerne neue Kochrezepte aus, die aber meistens komplett schief gehen.
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